Kaiserdom

Die Stifter

Lothar III. und Richenza legten 1135 den Grundstein

Die Abteikirche St. Peter und Paul wurde von Kaiser Lothar III. von Süpplingenburg (1075–1137) und seiner Ehefrau Richenza (ca. 1087–1141) gestiftet. Den Grundstein legten sie im Sommer 1135.

Auf dem Rückweg vom zweiten Italienzug starb Lothar III. am 4. Dezember 1137 in Breitenwang/Tirol. Sein Leichnam wurde nach Königslutter überführt und in der unvollendeten Kirche beigesetzt. Seinem Schwiegersohn, Heinrich dem Stolzen (1108–1139), gelang die Übernahme der Reichsherrschaft nicht. Er starb zwei Jahre nach seinem Schwiegervater und wurde, wie auch die 1141 verstorbene Richenza, neben dem Kaiser beigesetzt. Erst unter Heinrich dem Löwen (1129–1195), Enkelsohn von Lothar und Richenza, wurde der Kaiserdom vollendet.

Das barocke Grabmal im Langhaus des Kaiserdoms schuf der Helmstedter Bildhauer Michael Helwig im Jahr 1708. Die drei Figuren aus Alabaster zeigen Kaiser Lothar III., Kaiserin Richenza und Herzog Heinrich dem Stolzen. Das Grabmal ersetzt die nach einem Gewölbeeinsturz zerstörte mittelalterliche Grabtumba.

Das Bauwerk

Eine imposante Erscheinung im romanischen Baustil

Der Kaiserdom zählt zu den herausragenden Bauwerken der Romanik in Deutschland und gilt als sächsisches Gegenstück zum salischen Dom in Speyer. Mitte des 12. Jahrhunderts war er mit 65 Metern Länge und 58 Metern Höhe eines der größten Bauwerke in Norddeutschland.

Die imposante Erscheinung, die hervorragende Mauerwerksqualität insbesondere der östlichen Bauteile, die weit gespannten Gewölbe in Chor und Querhaus sowie die italienische Bauplastik belegen den hohen Anspruch von Kaiser Lothar III. und Richenza an ihre Kirche. In der Architektur- und Kunstgeschichte kommt dem Kaiserdom eine herausragende Stellung zu.

Der Kaiserdom ist eine dreischiffige, im gebundenen System angele gte Pfeilerbasilika mit Querhaus, dreiteiligem Chor und Westriegel. Ursprünglich war der Bau auf Wölbung angelegt. Ausgeführt wurden im 12. Jahrhundert nur die Kreuzgratgewölbe in den östlichen Raumteilen. Sie sind somit sehr frühe Beispiele ihrer Art in Deutschland.

Berühmt ist der Kaiserdom vor allem wegen seiner Bauskulptur. Das Löwenportal, der Jagdfries an der Hauptapsis und die wunderbaren Säulen im Kreuzgang stammen aus der Werkstatt des oberitalienischen Bildhauers Nicolaus. In seiner Heimat hatte der Meister bereits hervorragende Bildwerke an Kirchen und Domen in Piacenza, Ferrara und Verona geschaffen.

Der Jagdfries
Im Figurenfries an der Außenseite der Hauptapsis sind zwei Szenen einer Jagd dargestellt, die jeweils von außen, beginnend mit den Hornbläsern, nach innen zu lesen sind. Rätselhaft ist das mittlere Feld, das zwei Hasen zeigt, die dem Jäger Fesseln anlegen.

Das Löwenportal
Zähnefletschend und furchteinflößend präsentieren sich die Löwen zu beiden Seiten des Haupteingangs. Einer von ihnen hält eine menschliche Figur in den Pranken, der andere einen Widder. Auf ihren Rücken tragen die Tiere Säulen mit kunstvoll gearbeiteten Blattkapitellen.

Der Kreuzgang
Vom ehemaligen Kreuzgang des Klosters sind zwei Flügel erhalten . Der zweischiffige Trakt entlang der Außenseite der Kirche ist von einzigartiger Schönheit. Die reiche und lebendig wirkende Bauskulptur tritt hier in Königslutter zum ersten Mal in Norddeutschland auf.

Geschichte

Bedeutender Wallfahrtsort in Norddeutschland

Kaiser Lothar III. und seine Gemahlin Richenza gründeten die Abtei in Königslutter laut der in Nienburg/Saale ausgestellten Gründungsurkunde am 1. August 1135. Zuvor hatte Lothar das von seinen Vorfahren mütterlicherseits ererbte Kanonissenstift aufgelöst, um an selber Stelle die Grabeskirche seiner Familie zu errichten. Er besetzte das neue Hauskloster mit Benediktinermönchen. Der Konvent unter Leitung von Abt Eberhard kam aus dem Kloster Berge bei Magdeburg, einem Zentrum der hirsauischen Reformbewegung in Norddeutschland. Die Kirche wurde den Heiligen Petrus und Paulus geweiht. Kaiser Lothar und Richenza statteten das Kloster mit umfangreichen Besitztümern aus. So entstand in Königslutter eines der reichsten Klöster nördlich des Harzes.

Wegen zahlreicher Reliquien und eines angeblich wundertätigen Marienbildnisses, vor allem aber wegen der päpstlichen Berechtigung zur Gewährung großzügiger Ablässe, entwickelte sich Königslutter im Mittelalter zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Alljährlich strömten am Peter- und Paulstag (29. Juni), dem Festtag der beiden Namenspatrone der Kirche, tausende Pilger an den Elm („Luttersche Fahrt“). Viele kamen von weit her, etwa aus Thüringen, dem Rheinland oder von der Ostsee.

1542 wurde durch Johannes Bugenhagen die Reformation in Königslutter eingeführt. Bis zur 
Auflösung 1809 standen dem Kloster fortan evangelische Äbte vor. Sie waren seit dem 17. Jahrhundert gleichzeitig Professoren an der Universität Helmstedt. Von 1861 bis 1865 wurde auf dem ehemaligen Wirtschaftsgelände (südlich der Klausur) die Herzogliche Heil- und Pflegeanstalt gegründet. Dort ist heute das AWO-Psychiatriezentrum untergebracht.

Der Kaiserdom gehört heute zur Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Malerei

Prächtiges Bild des Mittelalters

Ende des 19. Jahrhunderts befand sich der Kaiserdom in einem so schlechten Zustand, dass eine Renovierung unumgänglich war. Bei der Beseitigung der dicken gelblichen Kalkfarbe, die alle Wandflächen des Innenraums überzog, stieß man überraschend auf Reste mittelalterlicher Malereien. Auf Anregung des Regenten Prinz Albrecht von Preußen wurde daraufhin der Entschluss für eine grundlegende Neugestaltung des Kirchenraums gefasst. Sie sollte der herausragenden geschichtlichen Bedeutung des Kaiserdoms als Grablege der kaiserlichen Familie angemessen sein.
Der Auftrag ging an den Architekten, Bauhistoriker und Museumsdirektor August Essenwein (1831-1892), der sich durch zahlreiche bedeutende Restaurierungsprojekte einen Namen gemacht hatte. Auf der Grundlage der freigelegten Malereien im Chor und an wenigen anderen Stellen (Westbau) entwickelte er im Sinne einer ‚schöpferischen‘ Denkmalpflege ein Gesamtkonzept für die Neuausmalung des Innenraums. Die schablonenhaft angelegten Malereien sollen als „kirchliche Lehrmalerei“ biblische Szenen und Geschichten vermitteln.
Die Ausführung lag in den Händen des Hofmalers Adolf Quensen (1851-1911), der zuvor schon am Braunschweiger Dom mit Essenwein zusammengearbeitet hatte und das Werk nach dessen Tod zu Ende führte.
Bei der Renovierung des Kaiserdoms in den Jahren von 2001 bis 2010 stellten die Malereien wegen ihrer unterschiedlichen Erhaltungszustände eine besonders große Herausforderung dar. Nahezu perfekt erhaltene Bereiche mussten mit anderen zusammengeführt werden, die nur noch fragmentarische Reste aufwiesen. Ziel war es, ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen, den Charakter der gealterten Raumschale zu bewahren und einen ‚überrestaurierten‘ Eindruck zu vermeiden.  
 
Die Hochwände des Mittelschiffs zeigen Verbildlichungen der vier Elemente und der vier Tageszeiten – und spielen damit auf das biblische Thema der Schöpfung an. Geflügelte Figuren werden jeweils von Bäumen und symbolischen Tierdarstellungen begleitet.
Im Chorraum erreicht der Zyklus seinen Höhepunkt hinsichtlich Farbenpracht und thematischer Bedeutung des Dargestellten. An den Wänden werden Allegorien von 14 Tugenden gezeigt, angeführt von CARITAS, FIDES und SPES. Sie sind durch Inschriften sowie durch Symbole auf den Fahnen bezeichnet. Unter ihren Füßen winden sich die jeweils gegensätzlichen Laster. Die 'Majestas Domini' in der Apsiskuppel zeigt Christus in der regenbogenfarbenen Mandorla, begleitet von den vier Evangelistensymbolen und den Patronen der Kirche: Petrus und Paulus. Unter den Farbschichten des 19. Jahrhunderts liegen Reste der mittelalterlichen Malereien.
Zum Essenwein'schen Gesamtkunstwerk gehören auch die Orgel, die Kanzel, die Altäre, Bänke, Leuchten, Fensterverglasungen und Liedzeiger. Ein wesentliches Element für die Gesamtwirkung der Innenraumgestaltung ist der Schmuckfußboden in den Chören und im Querhaus. Die Rekonstruktion des erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zerstörten Originals beruht weitgehend auf historischen Fotografien.
 

 

Orgel

 Sinfonischer Klang und imposantes Volumen

Die Orgel auf der Empore des Kaiserdoms ist ein herausragendes Instrument und ein äußerst wertvolles Klangdenkmal. Sie wurde 1892 von Furtwängler & Hammer (Hannover) gebaut.
Umfangreiche Restaurierungsarbeiten schloss die Freiburger Firma Freiburger Orgelbau Späth im Jahr 2010 ab. Geplant war die Orgel ursprünglich mit 32 Registern und knapp 2.500 Pfeifen. Bei der aufwändigen Instandsetzung wurden die nicht disponierten Stimmplätze ergänzt und das Instrument technisch und klanglich weitestgehend dem einstigen Originalzustand angeglichen.
Seither ist die Orgel mit ihrem sinfonischen Klang und ihrem imposanten Volumen wieder ein viel beachtetes und hoch gelobtes Instrument für Kirchenmusik.